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Der weibliche Beckenboden im Triathlon
KickAss Partner • 15. Oktober 2021 • 4 Min.
Wer ist der „Beckenboden“ und was kann er überhaupt? – Ein wichtiges Thema nicht nur für Schwangere oder Mütter!
Klar haben wohl die meisten Frauen schon mal was vom Beckenboden gehört. Und wenn beim Stabi-Training gesagt wird: „Und jetzt den Beckenboden anspannen“, machen sicher auch alle ganz brav mit. Jedoch wissen wahrscheinlich die wenigsten, wie es denn wirklich gut funktioniert mit dem Anspannen. Und noch weniger Frauen ist bewusst, dass dieser Muskel auch dann trainiert werden sollte, wenn man nicht gerade ein Kind zur Welt gebracht hat.
Warum ist es für Triathletinnen wichtig, den Beckenboden zu trainieren?
Die Themen rund um den Beckenboden wie z.B. „Urininkontinenz, Beckenbodendysfunktionen und Beckenringschmerzen“ stehen nicht ausschließlich in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt oder Menopause.
Gerade für Sportlerinnen ist es besonders wichtig, dass sie sich mit der Beckenbodenmuskulatur näher befassen. Das Alter der Athletin spielt hierbei keine Rolle.
Denn entgegen der Annahme, der Beckenboden sei bei Sportlerinnen entsprechend ihres sonstigen Trainingszustandes ebenfalls kräftig und würde automatisch mit trainiert, zeigen Studien eine Urininkontinenzrate bei Leistungssportlerinnen von bis zu ca. 70% (Chisholm et al. 2019; Da Roza et al. 2015; Eliasson et al. 2008). Neben Rückschlagsportarten und Ballsportarten treten Beckenbodendysfunktionen vermehrt bei Ausdauersportlerinnen auf (Schulte-Frei & Jäger, 2018; Araújo et al. 2008; Bø & Borgen, 2001).
Wer ist der „Beckenboden“ und was kann er?
Die Beckenbodenmuskulatur spielt wortwörtlich eine tragende Rolle im weiblichen Körper. So schließt diese Muskulatur den Bauchraum nach unten hin unvollständig ab und hält damit unsere Bauchorgane an Ort und Stelle. Der Begriff „Boden“ ist etwas irreführend, gleicht die Muskulatur doch eher einem Trichter denn einem ebenen Boden.
Bekannt ist wahrscheinlich, dass der Beckenboden für die Kontinenz verantwortlich ist. Neben dieser Aufgabe ist es aber auch wichtig, dass sich die Muskulatur im richtigen Moment entspannen kann – wie z.B. bei der Miktion, beim Geschlechtsverkehr oder während des Geburtsvorgangs. Als wären das nicht schon genug Aufgaben, soll er auch noch bei plötzlichen Ereignissen wie Husten, Niesen, Lachen oder eben beim Sport „dicht halten“. Man kann ihn durchaus mit einem Trampolin vergleichen (Tanzberger et al. 2019; Carrière, 2010). Es ist also ein fein abgestimmtes Zusammenspiel von An- und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur nötig.
Auch darf man die hormonellen Einflüsse auf diese Muskelgruppe nicht außer Acht lassen. Besonders das Östrogen ist bedeutend für die Funktionalität des Beckenbodens. Kommt es zu Schwankungen, welche innerhalb des weiblichen Zyklus physiologisch sind, oder zu einem Ungleichgewicht, kann das vorübergehende aber auch langanhaltende Dysfunktionen des Beckenbodens mit sich ziehen (Bø, 2004; Lebenstedt, Platte & Pirke, 1999).
Was, wenn der Beckenboden nicht gut genug trainiert ist?
Kann die Beckenbodenmuskulatur diese komplexen Aufgaben nicht oder nur unzureichend übernehmen, dann kann sich dies in verschiedenen Symptomen äußern:
- Schmerzen im Beckenbereich
- Urin- oder Stuhlinkontinenz
- Senkung bzw. Vorwölbung der Beckenorgane wie z.B. Gebärmutter oder Harnblase, ein sogenannter Organprolaps, was eine schwerwiegende Pathologie darstellt (Yi et al. 2016)
- Möglicherweise steht eine untrainierte Beckenbodenmuskulatur auch in Zusammenhang mit Rückenschmerzen (Welk & Baverstock, 2020)
Was sind Grundsätze eines guten Beckenbodentrainings?
Durch ein individuell abgestimmtes Training kann die Beckenbodenmuskulatur gezielt dynamisch trainiert werden, so dass oben genannten Problematiken vorgebeugt werden kann. Sollten bereits Symptome bestehen, können diese so reduziert werden.
Leider halten wissenschaftliche Erkenntnisse nur langsam Einzug in das Beckenbodentraining. Und so kursieren noch einige veraltete Ansichten. Zum Beispiel liegt der Schwerpunkt häufig noch auf reinem isometrischem oder konzentrischem Training. Dass der Beckenboden aber unter Belastung reflektorisch anspannen muss, wird meist nicht trainiert. Auch kann zu viel in die Anspannung trainiert werden, was einen schlechten Einfluss auf das neuromuskuläre Gleichgewicht haben kann und somit z.B. eine Inkontinenz eher fördert (Schulte-Frei & Schwenner, 2020).
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass jede Triathletin, egal welchen Leistungsniveaus, ihre Beckenbodenmuskulatur trainieren sollte. Wichtig ist, dass dieses Thema dringend nicht nur im Kontext Schwangerschaft und Geburt betrachtet werden darf. Ein dynamisch trainierter Beckenboden trägt maßgeblich zu einem stabilen Rumpf bei. Dieser wiederum ist ein zentraler Pfeiler, wenn es um Leistungssteigerung oder Verletzungsprophylaxe geht.
Die Folgen einer Dysfunktion können möglicherweise auch erst in höherem Alter auftreten. Dann ist ein Training jedoch deutlich schwieriger.
Also starte jetzt mit einem individuell abgestimmten Beckenbodentraining für Triathletinnen.
Luisa Kienle ist KickAss Partnerin und Expertin für Beckenbodentraining
Luisa ist Sport-Physiotherapeutin und hat sich während ihres Studiums der angewandten Therapiewissenschaften auf den Bereich des weiblichen Beckenbodens bei Sportlerinnen spezialisiert.
Ihre Mission ist es, Themen Rund um den Beckenboden zu enttabuisieren, Aufklärung zu Leisten und so zu einer verbesserten Lebensqualität der Sportlerin beizutragen.
Luisa hat Erfahrung in der physiotherapeutischen Betreuung verschiedener Sportarten und im paralympischen Sport. Dem Triathlon ist sie aber zu jeder Zeit treu geblieben.