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Schwangerschaft und Wiedereinstieg in den Leistungssport

Imke Oelerich • 16. November 2022 • 5 Min.

Eine wissenschaftliche und persönliche Perspektive

Während meiner ersten Schwangerschaft habe ich ein paar Erfahrungsberichte mit euch geteilt. Lange habe ich überlegt welche relevanten und nützlichen Informationen ich im Zuge meiner zweiten Schwangerschaft teilen kann und freue mich sehr, dass vor kurzem eine sehr spannende Studie veröffentlicht wurde, dessen Ergebnisse ich euch gern kurz vorstellen möchte, um dann im zweiten Schritt meine persönlichen Erfahrungen darzustellen.

Die Studie „Impact of Pregnancy in 42 Elite to World-class Runners on Training and Performance Outcomes“ veröffentlicht von  einer Gruppe Kanadischer Wissenschaftler (F. Darroch, et al.)  wurde durchgeführt, um die Erfahrungen einer Schwangerschaft in Bezug auf Trainings-, Verletzungs- und Wettkampfergebnisse bei Elite- bis hin zu Weltklasse-Mittel- und Langstreckenläufern zu charakterisieren und quantifizieren.  Es ist der erste Studie mit einer signifikanten Teilnehmerzahl an Eliteläuferinnen, die das Training vor, während und nach der Schwangerschaft umreißt, und die erste Studie, die wettkampfbasierte Leistungsergebnisse vor und nach der Schwangerschaft statistisch analysiert. Laufumfänge und -geschwindigkeiten nehmen im Verlauf der Schwangerschaft langsam ab. Das niedrigste Trainingslevel war im dritten Trimester mit 300 bis 350min Gesamttraining pro Woche immer noch ~2,3-mal höher als die empfohlenen 150 min/Woche, die in internationalen Richtlinien angegeben werden.

Imke

Die Teilnehmerinnen berichteten von einer signifikanten Abnahme des moderaten bis hochintensiven Trainings während ihrer gesamten Schwangerschaft, während die niedrigen Intensitäten beibehalten wurden. Das Laufen mit höherer Intensität verursacht im Vergleich zum Laufen mit geringerer Intensität eine deutlich höhere mechanische Belastungen. Daher können schwangere Läuferinnen mit geringeren Geschwindigkeiten ihr Lauftraining fortsetzen oder „low Impact“  Training wählen, um typischen Verletzungen des unteren Rückens, des Beckengürtels und des Beckenbodens mit fortschreitender Schwangerschaft vorzubeugen.

In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass das kumulierte wöchentliche Trainingsvolumen (Minuten/Woche) während der gesamten Schwangerschaft nahezu beibehalten werden konnte, da das Cross-Training (andere Sportarten) gleichzeitig mit immer geringer werdenden Laufvolumina zunahm. Die meisten Frauen kehrten etwa sechs Wochen nach der Entbindung in den Laufsport zurück und sie waren etwa drei Monate nach der Entbindung wieder bei etwa 80 Prozent der Trainingsbelastung vor der Schwangerschaft.

Zum ersten Mal konnten die Wissenschaftler anhand von 2.703  Wettkampfergebnissen bestätigen, dass bei den 60 % der Teilnehmerinnen, die beabsichtigten, nach der Schwangerschaft wieder auf ein gleichwertiges Leistungsniveau zurückzukehren, die „pre-pregnancy“ Leistung in den ersten ein bis drei Jahren nach der Entbindung im Durchschnitt wieder erreichen konnten. 46 % dieser Läuferinnen  konnten ihre Leistungen nach der Geburt sogar verbessern. Tatsächlich gibt es Gründe dafür, dass einige physiologische Aspekte der Schwangerschaft die Leistung positiv beeinflussen könnten, wie z.B der Anstieg des Blutvolumens und des Herzminutenvolumens. 

Allerdings erlitten die Hälfte der  Teilnehmerinnen Verletzungen im Laufe der ersten drei Jahre, was die Rückkehr in den Wettkampfsport deutlich verzögerte. Die meisten Verletzungen waren muskuloskelettaler Art. Die Autoren der Studie nennen als Gründe vor allem die zu schnelle Rückkehr in den Leistungssport und unterstreichen die Notwendigkeit von professioneller und individueller Unterstützung für den Wiedereinstieg in Bezug auf die Art der Geburt, das Stillen, die Leistungsziele und die Trainingsanforderungen. Sie empfehlen multidisziplinäre Teams bestehend aus Ärzten, Trainern, Physiotherapeuten, Ernährungsberatern, Kraft- und Konditionsspezialisten, um Fachwissen über die Phasen der Empfängnis, Schwangerschaft, Wochenbett und Rückkehr in den Leistungssport bereitstellen zu können. Die Autoren empfehlen Leistungssportlern, einen offenen Dialog mit ihrem multidisziplinären Team während der Schwangerschaft und nach der Geburt zu führen, um individuelle und realistische Zeitpläne und Progressionen zu erstellen. Beispielsweise unterscheidet sich der Zeitplan für die Rückkehr zum Trainings- und Wettkampfniveau nach einer operativen Entbindung oder einem Kaiserschnitt erheblich im Vergleich zu einer spontanen vaginalen Geburt ohne Komplikationen.

Imke

Fazit der Studie

Die Ergebnisse der Trainingsvolumina kann ich aus meiner ersten sowie jetzt fortschreitenden zweiten Schwangerschaft bestätigen. Mein Laufumfänge und -intensitäten habe ich nach und nach heruntergefahren, bis ich in den letzten zwei Monaten meiner ersten Schwangerschaft gar nicht mehr gelaufen bin. Damals hat die Lage des Babys einen Nerv im Becken getriggert und ich hatte starke Schmerzen im Becken und Oberschenkel. Dafür konnte ich noch super Schwimmen und Radfahren und beides war bis zur Endbindung ohne Probleme möglich.

Es ist toll schwarz auf weiß zu sehen, dass es theoretisch möglich ist wieder gleichwertig in den Leistungssport einzusteigen. Es gibt viele Fallbeispiele, die dies bestätigen.  In der Praxis kann es jedoch anders aussehen. Man kann schwer planen, wie das Temperament und die Bedürfnisse des eigenen Babys tatsächlich aussehen. Auch ich habe mir immer wieder Ziele für die Zeit nach der Schwangerschaft gesteckt. Ich wollte mich nach vielen Jahren Triathlonsport, voll auf das Laufen konzentrieren und gerne nach 1,5 Jahren postpartum meinen ersten Marathon in einer guten Zeitlaufen und dachte, dass ich  höchstens 6-8 Monaten stillen werde, um dann wieder etwas flexibler zu sein.  Dabei habe ich nicht berücksichtigt mit welchem Temperament unsere kleine Tochter auf die Welt kommen sollte und dass sie weder Flasche noch Schnuller noch Schnuffeltuch akzeptierte sondern gestillt werden wollte und nur mit mir Einschlafen wollte, was sie auch sehr vehement einforderte. Schlussendlich habe ich 19 Monate gestillt und erst jetzt mit 21 Monaten akzeptiert sie es langsam, wenn ihr Papa sie ins Bett bringt. Nachts bin aber ich gefragt und sie wacht immer noch 3-4 mal auf, um zu checken, ob sie sich sicher und geborgen fühlen kann.

Natürlich habe ich es mir anfangs leichter vorgestellt und gedacht, dass ich mehr Zeit für mich habe, schneller wieder strukturiert trainieren und an Events und Wettkämpfen teilnehmen kann. Natürlich habe ich gezweifelt. Natürlich war ich auch mal traurig. Natürlich habe ich mich mit anderen Müttern verglichen, die schnell wieder in den Wettkampfsport eingestiegen sind und ich würde lügen, wenn ich nicht ein klein bisschen eifersüchtig war. ABER ich habe auch schnell gelernt, dass ich nicht alles im Leben kontrollieren kann.  All den Machbarkeitswahnsinn und Wettbewerb, den wir im Alltag erleben, dürfen und müssen wir mit der Geburt unseres Kindes ein stückweit hinter uns lassen.  Es ist nicht viel, was ein Kind in den ersten Jahren braucht, aber an Liebe, Zuneigung und Zeit der Eltern sollte es nicht mangeln. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie stolz wir auf unsere kleine Tochter sind. Sie hat ihren eigenen Kopf, sie hat ein unheimliches Durchsetzungsvermögen und Energie für zwei. Ich freue mich ihren Weg zu begleiten und bin mir sicher, dass Großartiges auf sie wartet. 

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Ich schaffe es jetzt während meiner zweiten Schwangerschaft meistens mindestens 40min Sport am Tag zu machen (am Wochenende oft mehr).

Ich genieße jede Minute, die ich in meinen Laufschuhen verbringen kann und bin mir sicher, dass es in den kommenden Jahren wieder mehr wird. 

Meine Ziele laufen nicht weg 🙂

Imke

Imke Oelerich

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